Am Samstagabend fand die seit 2001 bestehende Städtepartnerschaft zwischen Bretten und Bellegarde in der Stadtparkhalle zu einem neuen, musikalischen Höhepunkt: Das Sinfonieorchester Bretten am Melanchthon-Gymnasium erhielt Besuch vom Orchestre Symponique du Conservatoire Municipal de Bellegarde. Die Orchester eint ein gemeinsames Konzept, welches nicht weit verbreitet ist: Schüler musizieren hier gemeinsam mit ihren Lehrern und erfahrenen Erwachsenen und haben so die Chance, große sinfonische Orchesterliteratur einzustudieren.
Oberbürgermeister Martin Wolff und Christina Winter vom Melanchthon-Gymnasium begrüßten die Gäste, insbesondere Odilie Gibernon vom Partnerschaftskom-mittee und Frédéric Vérité, den Leiter des Conservatoire. Martin Wolff erinnerte an die vielfältigen, freundschaftlichen Bande mit den beiden französischen Partnerstädten: „Wir aus Bellegarde und aus Bretten sind uns einig. Nicht nur als musikalische Freunde, sondern auch als Freunde in Europa, die sich verbunden fühlen“. Sein Dank galt den Organisatoren und besonders auch den Familien, welche die französischen Orchestermitglieder während des Besuchs beherbergten. Großen Einsatz zeigten auch Silke Vogler (verantwortlich im Rathaus für Städtepartnerschaften) und Laurent Monnet als Übersetzer.
Das Konzert eröffnete mit den anspruchsvollen Haydn-Variationen von Johannes Brahms des Brettener Orchesters. In dem 10-teiligen Werk wird ein 5-taktiges Motiv des von Brahms geschätzten Komponisten der Frühklassik kunstvoll verarbeitet und abwechslungsreich in Szene gesetzt. Dabei konnten unter der Leitung von Kirstin Kares die unterschiedlichen Instrumentenfamilien – Grenzenlose Musizierfreude – Erstes gemeinsames Konzert der Sinfonieorchester von Bretten und Bellegardealso Streicher, Holz- und Blechbläser sowohl getrennt als auch immer wieder gemeinsam ihr Können auf hohem Niveau beweisen.
Gilles Court, Dirigent des Orchesters aus Bellegarde, hatte nach Bretten eine Auswahl eingängigen Orchester-Highlights mitgebracht, die auch dank umfangreichen Schlagwerkapparates ihre Wirkung nicht verfehlten: Das Publikum musste sich Mühe geben, nicht mitzusummen, als die bekannten Melodien der Tritsch-Tratsch-Polka von Johann Strauß und des Cancan von Jaques Offenbach erklangen. Weitere Schmankerl waren der Marche Hongroise von Hector Berlioz, das Capriccio Espangnol von Rimski-Korsakow, Les Toréadors von Georges Bizet und das Baccanale von Camille Saint-Sean. Das Orchester musizierte rhythmisch exakt und mit viel Esprit, sodass der Begeisterungsfunke mühelos auf das Publikum übersprang. Höhepunkt war schließlich der gemeinsame Auftritt beider Orchester. Der städtische Bauhof hatte eigens die Bühne vergrößert, damit dort zumindest fast alle der über 100 Instrumentalisten Platz fanden. In beeindruckender, harmonischer Klangpracht erklangen das Te Deum von Marc Antoine Charpentier (bekannt als das „Eurovision“-Thema) und Ludwig van Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ aus der 9. Sinfonie. Wegen der „Standing Ovations“ der Publikums entschieden die Dirigenten spontan, ungeprobt den „Can-can“ nochmals zu Gehör zu bringen – Obwohl sich dabei jeweils vier bis sechs Musiker ein Notenblatt teilen mussten, gelang Giles Court dieses Unterfangen der Orchester-Völkerverständigung mühelos und versetzte den Saal in helle Begeisterung. Aber auch nachdenkliche Töne hatten ihren Platz: Zuvor hatte Kirstin Kares von ihrem Großvater berichtet, der als junger Erwachsener Verdun erleben musste. Viel lieber hätte er stattdessen sicherlich in einem solchen, Nationen übergreifenden Orchester gespielt. Gemeinsames Musizieren verbindet – hinweg über Generationen, Geschlechter und Grenzen.
Die Freunde aus der Partnerstadt und ihre Gastfamilien hatten am Samstag vor dem Konzert die Gelegenheit an einer von Heidemarie Leins und Christian Cieplik organi-sierten zweisprachigen Stadtführung teilzunehmen. Für viele war es der erste Besuch in Bretten. Bei der Verabschiedung am Sonntagmorgen wurden die Brettener Orchesterleute von Frédéric Verité zum Gegenbesuch 2021 nach Bellegarde eingeladen. Trotz der Kürze des Besuches konnten bereits neue Freundschaften geknüpft werden.
Text: Dr. Hans Heinrich Kares/Silke Vogler